Bismarcksäule |
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Seit
1890 bestand im wilhelminischen Kaiserreich der Trend, Türme bzw.
Säulen zu Ehren Bismarcks zu errichten. Anlaß war Bismarcks
75. Geburtstag. In München trat in jenem Jahr ein Komitee zusammen,
das sich für ein Bismarckdenkmal aussprach, das nicht in der Stadt,
sondern weit außerhalb auf einer Höhe am Starnberger See errichtet
werden sollte. Als Ergebnis wurde 1896-1898 ein Bismarckturm auf der Rottmannshöhe
bei Assenhausen errichtet. Parallel waren anderenorts ähnliche Bauwerke
entstanden. Die
architektonischen Formen der ersten Bismarcktürme sind denen mittelalterlicher
Wehr- und Burgtürme angenähert. Die Architekten versuchten damit,
eine architektonische Anknüpfung an das alte deutsche Reich, das
Bismarck neu
errichtet hatte, zu erzielen. Nachdem Bismarck 1898 gestorben war, kamen, zusätzlich zu den Bismarcktürmen, die Bismarcksäulen auf. Es handelte sich hierbei um Bauwerke, auf denen eine Schale montiert war, in der, anläßlich bestimmter Feierlichkeiten, ein Feuer entzündet werden konnte. Die Bismarcksäulenbewegung ging vor allem von der patriotisch gesinnten Studentenschaft aus, die erstens der Reichsgründung von 1872 ein Monument setzen und zweitens den Gedanken der nationalen Einheit und der Zusammengehörigkeit aller Deutschen befördern wollte. Bismarck selbst hatte die deutsche Studentenschaft als "Hüterin des nationalen Gedankens" bezeichnet. Am 3. Dezember 1898 wandte sie sich mit folgendem Aufruf an das deutsche Volk: "Wie vor Zeiten die alten Sachsen und Normannen über den Leibern ihrer gefallenen Recken schmucklose Felsensäulen auftürmten, deren Spitzen Feuerfanale trugen, so wollen wir unserem Bismarck zu Ehren auf allen Höhen unserer Heimat, von wo der Blick über die herrlichen deutschen Lande schweift, gewaltige granitene Feuerträger errichten. Überall soll, ein Sinnbild der Einheit Deutschlands, das gleiche Zeichen erstehen, in ragender Größe, aber einfach und prunklos, auf massivem Unterbau eine schlichte Säule, nur mit dem Wappen und Wahlspruch des eisernen Kanzlers geschmückt. Keinen Namen soll der gewaltige Stein tragen, aber jedes Kind wird ihn dem Fremden deuten können: Eine Bismarcksäule!". Nach diesem Aufruf wurde für alle deutschen Architekten ein Wettbewerb zum Entwurf einer entsprechenden Säule ausgeschrieben. Die Bemerkung, daß überall "das gleiche Zeichen erstehen solle" verlieh dem Wunsch Ausdruck, daß möglichst alle Bismarcksäulen dem selben architektonischen Grundmuster folgen sollten. So wurde derjenige Vorschlag, der aus dem Wettbewerb als Sieger hervorging, reichsweit zur Ausführung empfohlen. Die Wahl viel auf den Entwurf "Götterdämmerung" des Architekten Wilhelm Kreis, der im folgenden in der Tat Vorbild für eine Anzahl von in Deutschland errichteten Bismarcksäulen wurde. Auch die Heidelberger Bismarcksäule auf dem Heiligenberg orientiert sich an Kreis' Vorschlag. Zum Vergleich findet man rechts weitere Bismarcksäulen abgebildet, denen ebenfalls das von Kreis vorgelegte Konzept zu Grunde liegt. Die Stadt Heidelberg wurde von der deutschen Studentenschaft gebeten, ein Komitee zur Errichtung einer Bismarcksäule zu gründen. Wie aus einem Protokoll des Bürgerausschusses vom 29. Juli 1902 hervorgeht, wurde Bismarck von Oberbürgermeister Wilckens zum Ehrenbürger Heidelbergs ernannt. Für den Stadtrat war es damit eine Selbstverständlichkeit auch den studentischen Forderungen nach Errichtung einer Bismarcksäule nachzukommen. Zur Finanzierung des Projekts wurde unter Vorsitz von Wilckens innerhalb des Stadtrats eine Theaterkommission gegründet, die zu Gunsten der Säule Aufführungen organisierte. Ferner erschienen Spendenaufrufe in der Lokalpresse. Spenden für die Bismarcksäule wurden auch in verschiedenen Heidelberger Geschäften entgegen genommen. Die Einweihung des Bauwerks fand statt am 19. Januar 1903, dem Jahrestag der Bismarckschen Reichsgründung. Die Heidelberger Bismarcksäule ist 15 m hoch. Zur Stadtseite hin ist ein von dem Bildhauer August Sommer geschaffenes Reichsadlerrelief angebracht. |
Bismarcksäule Heidelberg (1903) Bismarcksäule Friedrichsruh (1904) Bildquelle: Seele, Sieglinde und Kloss, Günter. Bismarck-Türme und Bismarck-Säulen. Petersberg 1997. S. 78. Bismarcksäule Hildesheim (1906) Bildquelle: Seele, Sieglinde und Kloss, Günter. Bismarck-Türme und Bismarck-Säulen. Petersberg 1997. S. 94. |
Schmitt,
Ursula. "Die Bismarcksäule von 1903 auf dem Heiligenberg",
in: Heidelberger Denkmäler 1788-1981, hg. v. Dietrich Schubert
(= Neue Hefte zur Stadtenwicklung und Stadtgeschichte 2). Heidelberg,
1982.
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Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz Zurück zur Startseite --- Zurück zu "Der Heiligenberg"
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