Martin Opitz
(1597-1639)

Hintergrundinformationen


An einem gewissen Berg

Du grüner Berg, der du mit zweyen Spitzen
Parnasso gleichst, du hoher Felss, bei dir
Wünsch' ich in Ruh zu bleiben für und für,
Und deine Lust ganz einsam zu besitzen,
Weil du mir auch vor aller Welt kannst nützen;
Dann wenn ich bin auf deinen Klippen hier,
So seh' ich stets der jenen Ort für mir,
Die für den Tod alleine mich kannst schützen,
Mein' höchste Freud' und meines Lebens Leben:
So weiss ich auch, dass man sonst nirgend findt
Mit solcher Zier ein einig Ort umgeben:
Natura hat die Lust allher gesetzet,
Dass die auf dich mit Müh gestiegen sind,
Hinwiederumb auch würden recht ergetzet.

Vom Wolfsbrunnen bey Heidelberg

Oh edele Fonteyn mit Ruh und Lust umgeben,
Mit Bergen hier und dar, als einer Burg, umringt,
Printz aller schönen Quell, auß welchem Wasser dringt
Anmütiger dann Milch, und köstlicher dann Reben,
Da unsers Landes Kron und Haupt mit seinem Leben,
Der werden Nymf, offt selbst die Zeit in frewd zubringt,
Da ihr manch Vögelein zu ehren lieblich singt,
Da nur ergetzlichkeit und keusche Wollust schweben,
Vergeblich bistu nicht in diesem grünen Thal,
Von Klippen und Gebirg beschlossen uberall,
Die künstliche Natur hat darumb dich umbfangen
Mit Felsen und Gebüsch, auff daß man wissen soll
Daß alle Fröligkeitsey Müh und arbeit voll,
Und daß auch nichts so schön, es sey schwer zu erlangen.


Martin Opitz



Hintergrundinformation

Martin Opitz hatte in Heidelberg Vorlesungen zu Philologie und Altertumswissenschaften gehört. Sowohl die Bedeutsamkeit Heidelbergs als humanistisches Zentrum als auch die Tatsache, daß Heidelberg, mit der Bibliotheca Palatina, über eine der bestausgestattets-
ten Bibliotheken nördlich der Alpen verfügte, bewogen Opitz in Heidelberg zu studieren. Seine Heidelberger Studentenzeit fällt in die spannungsreiche Zeit vor Beginn des Dreißigjährigen Kriegs. Opitz nahm an den politischen Spannungen lebhaft Anteil und hält, zur Verabschiedung von Kurfürst Friedrich V.. Dieser war - als stärkster protestantischer Fürst im Reich - zum König von Böhmen gewählt worden. Das böhmische Volk gedachte sich auf diese Weise von der Herrschaft der Habsburger und vom Katholizismus zu befreien, was als Hauptursache des Dreißigjährigen Kriegs gesehen werden kann. Anläßlich Friedrichs V. Abreise nach Prag hielt Opitz eine Lobrede auf den Kurfürsten mit dem Titel "Oratio ad Serenissimum ac Potentissimum Principem Fridericum Regem Bohemiae". Ferner verfaßte Opitz in Heidelberg auch Gedichte, in denen er seinen Haß auf die habsburgische Monarchie artikuliert. Besondere Erwähnung verdienen hierbei "Auff, auff, wer teutsche freyheit liebet" und "Ein Gebet, daß Gott die Spanier wiederumb vom Rheinstrom wolle treiben". Auf Grund der Gefahr, die Heidelberg zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs von Seiten des spanischen Generals Spinola drohte, verließ Opitz die Stadt schließlich.

In dem Gedicht "An einem gewissen Berg", in dem sich Opitz auf den Königsstuhl bezieht, artikuliert der Dichter seine Wahrnehmung der Naturschönheit Heidelbergs und seiner Umgebung.

In "Vom Wolfsbrunnen bey Heidelberg" steht die Aussage, daß alle Freuden auch mit Mühen verbunden sind im Vordergrund. Illustriert wird diese These durch den Wolfsbrunnen, an dessen Idylle sich selbst "unsres Landes Kron und Haupt", d. h. der Kurfürst, erfreut. Die durch den Wolfsbrunnen hervorgerufene Freude ist aber insofern mit "Müh und arbeit" verbunden, als daß der von Bergen umgebene Wolfsbrunnen nicht ohne Anstrengung zu erreichen ist. Neben dieser allgemeinen Aussage besitzt das Gedicht jedoch auch einen spezielleren Bezug. So spielt Opitz auch auf seine persönliche Situation in Heidelberg an: Erfreut wurde er durch eine Liebesbeziehung, durch die sein Aufenthalt in Heidelberg geprägt war. Mühen bereitete ihm das Studium.

Literatur

Häntzschel
, Günter. "'Die Keusche Venus mit den gelernten Musis' Martin Opitz in Heidelberg", in: Heidelberg im poetischen Augenblick. Die Stadt in Dichtung und bildender Kunst, hg. v. Manger, Klaus und Hofe, Gerhard vom. Heidelberg: Decker, 1987. S. 45-81.
Kühlmann, Wilhelm. "Huldigung als Warnung: Poetischer Rat für den Kurfürsten", in: Heidelberg im Gedicht, hg. v. Helmuth Kiesel. Frankfurt a. M, 1996. S. 23-31.

Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz

Zurück zur Startseite --- Zurück zu "Heidelberg in der Dichtung"