IV. Die Kurpfalz im und nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648)
ABSTAND

Ursachen und Verlauf des Kriegs
Nachfolger Friedrichs IV. wurde dessen Sohn Friedrich V. (Kurfürst 1610-1623). In London heiratete dieser die englische Prinzessin Elisabeth Stuart (die Tochter von König Jakob I. von England). Das am Rand abgebildete Gemäde zeigt wie der englische Konvoi, der das frisch vermählte Brautpaar in die Niederlande brachte, in See sticht. Nach der Ankunft in den Niederlanden eilte Friedrich V. nach Heidelberg voraus, um in der pfälzischen Heimat alles für den ehrenvollen Empfang seiner Gemahlin vorzubereiten. Für den Einzug Elisabeths waren in Heidelberg Triumpfbögen errichtet worden. Vier der prächtigsten Triumpfbögen waren von der Universität gestiftet, wodurch deren vier Fakultäten repräsentiert waren. Im Herrengarten fand anläßlich der Ankunft Elisabeths ein Turnier statt. Zu Ehren seiner Gemahlin ließ Friedrich V. auf dem Heidelberger Schloß den Englischen Bau sowie das im Stückgarten des Schlosses befindliche Elisabethentor errichten.

Als der böhmische König Ferdinand von Habsburg (der 1619 als Ferdinand II. auch zum deutschen König gewählt wurde) - gegen den Widerstand der böhmischen Protestanten - den Versuch unternahm, in Böhmen den Katholizismus durchzusetzen, stürmten aufgebrachte Protestanten in die Prager Königsburg und warfen zwei katholische Räte aus dem Fenster (=Prager Fenstersturz). Die protestantische Opposition in Böhmen erklärte König Ferdinand für abgesetzt, und rief Kurfürst Friedrich V. zum neuen böhmischen König aus. Mit der Königskrönung Friedrichs V. wurde Elisabeth Stuart gleichsam böhmische Königin und führte fortan den Namen Elisabeth von Böhmen. Auf dem rechts abgebildeten Stich sind Friedrich V. und Elisabeth Stuart als Bezwinger der katholischen Mächte dargestellt. Elisabeth ist deswegen abgebildet, weil sie England repräsentiert und damit auf die bündnispolitische Situation hinweist, vor deren Hintergrund sich Friedrich V. entschlossen hatte, seine Wahl zum böhmischen König anzunehmen. Zunächst tendierte Friedrich V. eher dazu, die Wahl nicht anzunehmen, da er befürchtete, sich gegen die Hausmacht der Habsbrger militärisch nicht durchsetzen zu können. Auch König Jakob I. von England - der Vater Elisabeth Stuarts - stand dem Vorhaben eher ablehnend gegenüber. George Abbot, der Erzbischof von Canterbury, stellte jedoch große finanzielle Bewilligungen des Parlaments auch gegen den Willen des Königs in Aussicht. Außerdem war die pfälzische Gesandtschaft war in England zu der Auffassung gelangt, Jakob I. werde sich schon anschließen, wenn man in Böhmen erst einmal Fakten geschaffen habe. So entschloß sich Friedrich V., die Wahl zum böhmischen König anzunehmen. Auf dem Weg nach Prag erreichte ihn jedoch die Nachricht, daß er aus England doch keine Unterstützung erhalten werde. Nun gab es jedoch kein Zurück mehr. 1619 ließ sich Friedrich V. in Prag zum böhmischen König krönen. Ferdinand von Habsburg mußte fliehen und wandte sich an den Bayernherzog Maximilian I., der mit der Liga (Bündnis katholischer Reichsstände unter der Führung Bayerns) zu Hilfe kam, die von dem Feldherrn Graf Tserclaes Tilly geführt wurde. Die Truppen Maximilians I. und Friedrichs V. stießen in der Schlacht am Weißen Berge (1620) aufeinander. In dieser Schlacht standen also bayerische Wittelsbacher gegen pfälzische Wittelsbacher. Ohne englische Unterstützung konnte sich Friedrich V. gegen die katholische Übermacht jedoch nicht durchsetzen. Mit der Schlacht am Weißen Berge endete daher Friedrichs böhmisches Königtum. Da er nur einen Winter lang in Böhmen regiert hatte, wird er auch Winterkönig genannt. In Bezug auf Elisabeth Start spricht man dementsprechend auch von der Winterkönigin.
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Antritt der Reise
nach Heidelberg
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Kurfürst Friedrich V.
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Friedrich V. und
Elisabeth Stuart
als Bezwinger der
katholischen Mächte
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Friedrich V. und
Elisabeth Stuart als
böhmisches Königspaar
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Elisabeth von Böhmen
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Elisabeth von Böhmen
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Nachdem Friedrich V. aus Böhmen vertrieben worden war, wurde das kurpfälzische Kernland angegriffen. Seit 1620 rückten die Spanier, unter General Ambrosius Spinola,
von Mainz her kommend, gegen das Kernland der Kurpfalz vor. Spinola kam bis zur Bergstraße, konnte Heidelberg jedoch nicht einnehmen. Als Spinola allerdings Unterstützung durch die von Tilly geführten Truppen der Liga erhielt, die seit der Schlacht am Weißen Berge auf das kurpfälzische Kernland zumarschierten, war die Stadt nicht mehr zu halten. So kam es 1622 zur Invasion Heidelbergs. Nach der Besetzung der Kurpfalz durch die bayerischen Truppen der Liga, wurde der Katholizismus, in der bisher kalvinistischen Kurpfalz, zwangseingeführt. 1625 wurde eine Verordnung erlassen, nach der alle protestantischen Geistlichen die Kurpfalz verlassen mußten.

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Politisch befand sich die Kurpfalz, nach ihrer Besetzung durch die Liga, in den Händen Maximilians I. von Bayern. Rechtsgrundlage für die bayerische Okkupation der Kurpfalz war die Reichsacht, die der Kaiser über Friedrich V. verhängt hatte. Die Kurstimme der pfälzischen Wittelsbacher fiel damit an die bayerische Linie des Hauses Wittelsbach, so daß Maximilian Kurfürst werden konnte. Erst als die Kurpfalz 1649 mit dem Westfälischen Frieden wiederentstand, erhielt sie wieder eine eigene Kurstimme. Es handelte sich hierbei um eine aus diesem Anlaß neu geschaffene Kurstimme, die die Gesamtzahl der Kurstimmen von sieben auf acht erhöhte.
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Maximilian I. von Bayern
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Als Herr über die Kurpfalz ließ Maximilian I. ferner die Bibliotheca Palatina zusammen mit der kurfürstlichen Privatbücherei als Geschenk an den Vatikan nach Rom transportieren, was seine katholische Gesinnung unterstreicht. Noch heute befindet sich der größte Teil der Bibliotheca palatina im Besitz des Vatikan.
ABSTAND
Als der Schwedenkönig Gustaf II. Adolf von Vasa in den Krieg eingriff, gelang ihm 1631 die Besetzung der Kurpfalz, die er so vom Joch der katholischen Besatzer befreien konnte. Gustaf II. Adolf behandelte Friedrich V. zuvorkommend, vermied es jedoch, irgendeine Befehlsgewalt an ihn zu übertragen. Für eine Wiedereinsetzung Friedrichs V. stellte er harte finanzielle Bedingungen, dazu verlangte er die Verpflegung schwedischer Garnisonen und die konfessionelle Gleichberechtigung der Lutheraner (neben den Kalvinisten), die die Besatzungsmacht ohnehin schon praktizierte. Friedrich V. wollte sich auf diese Bedingungen nicht einlassen und erreichte infolgedessen auch nichts. Anfang 1633 erkrankte Friedrich V. an einer Epedemie und starb in Mainz. Sein Bruder Ludwig Philipp führte die Verhandlungen mit den Schweden weiter und ließ sich - im Vertrag von Heilbronn (1633) - auf deren Bedingungen ein. Die damit erreichte Restituierung der Kurpfalz hatte jedoch nicht lange Bestand. Noch im Jahr des Vertragsabschlusses wurden die Schweden von den katholischen Heeren aus ganz Süddeutschland vertrieben. Das Heidelberger Schloß hielt sich zwar zunächst und wurde von den Franzosen - die auf der Seite Schwedens in den Krieg eintraten - noch einmal freigekämpft, 1635 wurden Heidelberg und Mannheim aber doch von den kaiserlichen Truppen eingenommen.


König Gustav II. Adolf
von Schweden
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König Gustav II. Adolf
von Schweden
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Wiederaufbau der Kurpfalz nach dem Dreißigjährigen Krieg
Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kurpfalz völlig verwüstet. Nach Ende des Krieges begann unter Karl Ludwig (Kurfürst 1649-1680) die Phase des Wiederaufbaus. Karl Ludwig war der Sohn Friedrichs V. und der englischen Prinzessin Elisabeth Stuart. Wegen der Besetzung der Kurpfalz im Dreißigjährigen Krieg, wuchs Karl Ludwig im englischen Exil, bei seinen Verwandten am Königshof in London, auf. Mit der Wiederherstellung der Kurpfalz nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde Karl Ludwig pfälzischer Kurfürst.

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Unter Karl Ludwig, der selbst lutherischer Protestant war, wurde das lutherische Bekenntnis als mit dem reformierten gleichberechtigt anerkannt. Um zukünftige Glaubenskriege zu vermeiden, strebte Karl Ludwig darüber hinaus die Union der drei christlichen Konfessionen an und ließ zum gemeinsamen Gebrauch von Lutheranern, Reformierten und Katholiken in Mannheim die Konkordienkirche errichten.

Unter Karl Ludwig kam es 1652 zur Wiedereröffnung der Universität, die 1626 unter bayerischer Besatzung aufgelöst worden war. Bei der Neugründung der Universität war sich Karl Ludwig der Tatsache bewußt, daß der Rang der Universität von der Reputation der an ihr lehrenden Professoren abhängen würde. Karl Ludwig war daher bemüht, Dozenten von Rang und Namen für die Universität Heidelberg zu gewinnen. Mit Samuel Pufendorf (1632-1694) kam z. B. einer der bedeutendsten deutschen Naturrechtler nach Heidelberg. Pufendorf erhielt in Heidelberg 1661 einen eigens für ihn geschaffenen Lehrstuhl: die "professura iuris gentium et philologiae", den ersten Lehrstuhl für Natur- und Völkerrecht an einer deutschen Universität. Bereits 1668 verließ Pufendorf Heidelberg allerdings wieder, und begab sich nach Schweden an die Universität Lund. Später wurde er schwedischer und brandenburgischer Hofhistoriograph. Pufendorfs natur- und völkerrechtliches Hauptwerk ist "Libri octo de iure naturae et gentium" (1672, dt: "Acht Bücher über Natur- und Völkerrecht"). Neben Pufendorf wollte Kurfürst Karl Ludwig auch den niederländischen Philosophen Benedictus Spinoza (1632-1677) für die Universität Heidelberg gewinnen. Dieser lehnte den Ruf der Universität jedoch ab.
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Kurfürst Karl Ludwig
in jugendlichem Alter
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Kurfürst Karl Ludwig
in reiferem Alter
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Samuel Pufendorf
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Da Kurfürst Karl Ludwig für den Wiederaufbau der Kurpfalz nach dem Dreißigjährigen Krieg dringend Geld benötigte, konnte Kurmainz 1649 Lorsch, Heppenheim und Bensheim von der Kurpfalz zurückkaufen. Diese Städte waren 1460 von Kurmainz an den pfälzer Kurfürsten Friedrich I. verpfändet worden.
ABSTAND
Im Jahre 1680 starb Karl Ludwig. Sein Sohn Karl trat, als Karl II., seine Nachfolge an, starb jedoch bereits 1685 im Alter von 37 Jahren. Die Simmersche Kurlinie der pfälzischen Wittelsbacher war damit ausgestorben. Die Folge war der Pfälzische Erbfolgekrieg, auf den im Anschluß einzugehen sein wird.
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Literatur

Albrecht, Dieter. "Bayern und die pfälzische Frage auf dem westfälischen Friedenskongress", in: Historische Zeitschrift, 1998 (Supplement 26). S. 461-468.
Bilhöfer
, Peter. Nicht gegen Ehre und Gewissen. Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz - der Winterkönig von Böhmen, Dissertation. Mannheim, 2000.
Egler
, Anna. Die Spanier in der linksrheinischen Kurpfalz 1620-1632. Mainz, 1971.
Goetze, Jochen. "Quod si vero contigerit Palatinatum Rheni - was aber die Pfalz betrifft. - Die Kurpfalz im Westfälischen Frieden von 1648", in: Heidelberg Jahrbuch zur Geschichte der Stadt, Bd. 4, 1999. S. 57-75.
Lemberg, Margret. Eine Königin ohne Reich. Das Leben der Winterkönigin Elisabeth Stuart und ihre Briefe nach Hessen. Marburg (Lahn), 1996.
Oman, Carola. Elizabeth of Bohemia. London, 1938.
Marshall, Rosalind K. The Winter Queen. The Life of Elizabeth of Bohemia 1596-1662. Edinburgh, 1998.
Pursell, Brennan Conrad. The Constitutional Causes of the Thirty Years' War: Friedrich V, the Palatine Crisis, and European Politics, 1618-1632, Dissertation. Harvard, 2000.
Reutter, Rolf. "Der Pfälzer Erbfolgekrieg 1688-1697. Tagebuch des erbachischen Oberamtmanns Adolf Friedrich von Pfreundt", in: Geschichtsblätter Kreis Bergstraße, Bd. 21, 1988. S. 77-143.

Sellin, Volker. Die Finanzpolitik Karl Ludwigs von der Pfalz. Staatswirtschaft im Wiederaufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg. Stuttgart, 1978.

Sellin, Volker. Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz. Versuch eines historischen Urteils. Mannheim, 1980.
Steiner, J. Die Kurwürde während des Dreißigjährigen Krieges, 1618-1648. Speyer, 1985.
Weiß, J. G. "Die Vorgeschichte des böhmischen Abenteuers", in: Zeitschrift für
Geschichte des Oberrheins,
Bd. 92, 1940. S. 383-492.

 

Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz

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