Jetta |
"Der
Hügel auf
dem das Heidelberger Schloß steht, heißt 'Jettenbühl'.
Seinen Namen soll er von der Prophetin Jetta erhalten haben, die zur Zeit
der römischen Besiedelung hier gewohnt hat. Man erzählt, sie sei
eine fremdartige schöne, des geheimen Wissens kundige Frau gewesen.
Die einheimische Bevölkerung habe sie mit ehrfürchtiger Scheu
gemieden, aber in der Not heimlich aufgesucht, um Rat und Hilfe bei ihr
zu holen. Zuweilen zog sie sich in eine Höhle am Abhang der Molkenkur
zurück, auf die noch heute eine Inschrift an der Felswand hindeutet.
Wenn sie dann aus solcher freiwilligen Einsamkeit zurückkehrte, schien
sich ihr ahnungsvoller Blick noch mehr vertieft zu haben, und sie sprach
dann von der Zukunft des Hügels, den sie bewohnte, und der des Tales
zu ihren Füßen. 'Königliche Männer werden einst auf
diesem Berge und viel Volk zu seinen Füßen wohnen. Aber ich sehe
auch Kriegsvolk in dieser blühenden Ebene, das die Dörfer verbrennt,
die Städte verheert, die Menschen mordet.' Seltsam und grauenerregend wie ihr Leben, war auch das Ende der einsamen Frau. Nach einem heißen Sommertag durchstreifte sie den Wald, nach Kühle verlangend und ganz in Sinnen verloren. Es dämmerte schon. Aber kühler und dunkler war kein Ort als eine ihr bekannte Waldschlucht, zu der es Jetta hinzog. Sie ging hinab in die Schatten der Bäume und beugte sich durstig über den Quell der da hervorsprang. Da blitzten plötzlich zwei dunkle Augen aus dem Dunkel hervor. Eine hungrige Wölfin stürzte aus dem Gebüsch und zerriß die Ahnungslose. Die Bewohner des Tals fanden die Reste der unglücklichen Frau und nannten den Quell seither den Wolfsbrunnen. Außer einem kleinen Standbild erinnert heute noch das freundliche Gasthaus gleichen Namens an die unheimliche Sage. (...)" (Bernhard, S. 12 f.) . |
Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz Zurück zur Startseite --- Zurück zu "Sagen und Legenden"
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