Als "Schloßberg"
bezeichnet man den am Neckar gegenüber dem Heiligenberg gelegenen
Berghang, der durch das Heidelberger
Schloß dominiert wird. (Auf Grund der Legende
um die Prophetin Jetta spricht man auch vom Jettenbühl.) Während
"Schloßberg" also gewissermaßen nur der Name eines
Außenbezirks der Heidelberger Altstadt ist, lautet der Name des
gesamten Bergmassivs Königsstuhl. Neben
dem heutigen Heidelberger Schloß existierte auf dem Königsstuhl
eine weitere, höher am Berg gelege Burg, die 1303 erstmals urkundlich
erwähnt wurde. Der Hausvertrag
von Pavia spricht von "di obern und die niedern burch".
Die obere Burg wurde 1537 von einem Blitz getroffen und im folgenden abgetragen.
(Die Trümmer wurden wohl als Baumaterial für die aufwendigen
Bauvorhaben Ludwigs
V. verwendet.) Die untere Burg entspricht dem heutigen Heidelberger
Schloß. Welche der beiden Burgen die ältere ist, konnte niemals
abschließend geklärt werden. Meinrad Schaab sieht in der oberen
Burg eine vom Erzbistum
Worms im 11./12. Jh. errichtete Ministerialenburg. Die untere Burg
soll mit dem um 1170/80 in der Vita Eberhardi erwähnten Castrum des
Konrad
von Hohenstaufen identisch sein. Abhängig von der unteren Burg
soll im Neckartal um die ebenfalls wormsische Peterskirche
eine Siedlung entstanden sein, die sich schnell zur Hauptstadt des neuen,
sich aus dem wormsischen Machtbereich herauslösenden Territoriums
entwickelte.
Seit der Mitte des 14. Jh. war das Heidelberger Schloß unbestritten
die zentrale Residenzburg der Kurpfalz. In seiner Nachbarschaft siedelten
sich nun diverse Bedienstete des kurfürstlichen Hofes am Berghang
an. Haus Bremeneck war wohl der erste dieser mittelalterlichen Adelshöfe.
So entstand die "Bergstadt", eine bis 1743 von der Gerichtsbarkeit
der Stadt unabhängige Gemeinde, die über ein eigenes Rathaus
und ein eigenes Gerichtssiegel verfügte, de facto jedoch der Gerichtshoheit
des Schlosses unterstand. Durch die Bergstadt führte der bis heute
genutzte Schloßweg in Serpentinen zum Schloß. Zur Verteidigung
der Bergstadt entstanden am Schloßweg Verteidigungsanlagen, die,
zusammen mit den Schloßwällen, ein einheitliches Abwehrsystem
bildeten. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde der
Schloßweg, vor dem Hintergrund der romantischen Mittelalter-Faszination,
erneut mit Türmchen und Wällen versehen.
Südwestlich des Schloßes besitzt der Königsstuhl einen
Ausläufer, der als "Molkenkur" bezeichnet wird. Der merkwürdig
anmutende Name entspringt der hier 1852 von Albrecht Wagner neuerbauten
Gaststätte "Schweizerhaus", in der Kuren auf der Grundlage
von Ziegenmolke angeboten wurden. In der Eröffnungsanzeige war von
einer "Molkenkuranstalt auf dem alten Schlosse" die Rede, womit
auf die obere Burg am Königsstuhl Bezug genommen wurde. Von der oberen
Burg war bereits im 19. Jh. so gut wie nichts mehr übrig - abgesehen
von der schönen Aussicht, die man von hier aus auf die Ruine des
Heidelberger Schlosses hatte. Einschlägige Fremdenführer jener
Zeit empfahlen die verlassene, von undurchdringlichem Schutt und Sträuchern
bedeckte Einöde als Ort des Gedenkens an eine längst verschüttete
Vergangenheit.
ABSTAND
Der Umstand, daß es sich beim Gebiet des Heidelberger Schloßbergs
um historischen Boden handelt, der mit einer im 19. Jh. weiterhin lebendigen
Tradition verbunden wurde, scheint der Grund dafür gewesen zu sein,
daß sich nun viele Korporationen (=Studentenverbindungen) hier ansiedelten.
Bekanntlich ging das historische Interesse der Romantik vor allem von
der Studentenschaft aus. So sind die Korporationshäuser meist in
einem betont historisierenden Architekturstil gestaltet. Das
1882 bezogene Haus der Vandalia ist das erste nicht angemietete,
sondern neu errichtete Korporationshaus in Heidelberg. Die Vandalia beauftragte
den Kölner Dombaumeister Wiethase, einen damals bekannten Verehrer
gotischer Architektur, mit dem Entwurf der Baupläne. Der neogotische
Einfluß manifestiert sich u.a. am Dachaufbau des Westturms, der
an drei Ecken durch spitze Ecktürmchen geziert wird. 1885-86 wurde
das Haus der Guestphalia errichtet. Das Ritterrelief an der dem
Schloßweg zugewandten Fassade läßt den Mittelalter-Bezug
deutlich erkennen. 1950 wurden Vandalia und Guestphalia zur Vandalo-Guestphalia
vereinigt. 1892-93 entstand das Haus der Frankonia, der ältesten
Heidelberger Burschenschaft, der auch Joseph
Victor von Scheffel angehörte. 1873 gründeten Frankfurter
Studenten in Heidelberg eine Verbindung unter dem Namen "Corona Francofurtensis".
Die Frankfurter Stadtfarben - rot, weiß, rot - wurden zu den Farben
der Verbindung. Unter Berufung auf die Ruprechtstradition
der pfälzischen Wittelsbacher (Ruprecht =lat. Rupertus) wurde die
Corona Francofurtensis in Rupertia umbenannt. 1894 errichteten
die Ruperten - finanziert durch Spenden von Mitgliedern - ihr Haus am
Schloßberg. Das Gebäude integriert Gestaltungselemente der
Spätgotik und der Renaissance. Bemerkenswert ist das sechsgeteilte
Renaissancefenster mit dem in Sandstein darübergesetzten Wappen der
Rupertia. Das Haus der Zaringia ist die "Alte Diemerei",
die 1895 von dem Brauer Diemer als Brauerei und Gasthaus errichtet worden
war. Sie war das Verkehrslokal mehrerer Korporationen, u.a. der Zaringia,
die, nach 21 Jahren Miete, 1919 das Haus kaufte. Beim Haus der Normannia
handelt es sich um die "Villa Stückgarten". Der Name erklärt
sich dadurch, daß sich das Anwesen unmittelbar unterhalb des Stückgartens
des Heidelberger Schlosses befindet. Das Haus wurde 1958, nach der Neugründung
der Normannia, aus privater Hand erworben. Vergleichsweise spät siedelte
sich die Afrania in Heidelberg an. Hier handelt es sich um eine
Landsmannschaft, die 1839 in Leipzig gegründet wurde. Ihr Name leitet
sich von der "Fürstenschule St. Afra" zu Meißen ab.
Meißner Fürstenschüler, die ihr Studium in Leipzig begannen,
gründeten dort die Afrania. In Folge des Zweiten Weltkriegs verlor
die Afrania ihr Leipziger Haus. Die Afraner suchten nun in Heidelberg
eine neue Heimat, wo sie zunächst im Haus Bremeneck Aufnahme fanden.
1960 erwarb man Palais Lobstein, das 1883-87 gegenüber des Schlosses
errichtet worden war. Am Fuße des Schloßberges findet sich
das Haus des Corps Suevia. Das Corps wurde 1810 gegründet
und hatte in den folgenden Jahrzehnten sein Verkehrslokal im "Eisenhardtschen
Keller", einer Gastwirtschaft, die wie manche andere entlang der
ehemaligen Eisenbahnlinie eine beliebte Gaststätte der Heidelberger
Bürger war. 1886 ging sie in den Besitz des Corps über. Aber
bald genügten die dortigen Verhältnisse nicht mehr, so daß
1904 der Entschluß zu einem Neubau gefaßt wurde. Nach Plänen
des Mannheimer Architekten Tillesen wurde das Haus in nicht ganz zwei
Jahren an der Stelle des Eisenhardtschen Kellers errichtet. Alles
in allem ist der Schloßberg wesentlich von den diversen Korporationshäusern
geprägt. Dies bedeutet jedoch nicht, daß alle Korporationen
ihre Häuser auf dem Schloßberg errichtet hätten. In der
Altstadt finden sich diverse weitere Korporationshäuser, auf die
an dieser Stelle jedoch nicht eingegangen werden kann.
Auch am Beispiel der
1898-99 errichteten Villa Remmler tritt die für den Schloßberg
und für das 19. und frühe 20. Jh. typische Rezeption mittelalterlicher
Architektur deutlich hervor. Das Anwesen steht an der Stelle, an der sich
im Mittelalter das Haus Bremeneck befand. Der Bauherr, Johann Remmler,
war selbst Architekt und hatte sich in Heidelberg durch die Errichtung
zahlreicher Gebäude einen Namen gemacht. So wurde u.a. auch das Haus
der Frankonia nach seinen Plänen errichtet.
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ABSATZ
Schloßweg
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