Der Rodensteiner
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"Mitten im Odenwald, zum Kreis Eberbach gehörend, liegt die zerfallene, efeuumrankte Burg Rodenstein. Hier hausten vor Zeiten die kraftvollen, tapferen Ritter gleichen Namens. Besonders der letzte seines Stammes machte viel von sich reden. Er war ein wilder Kumpan, bewundert als Jäger, gefürchtet als Kriegsmann. Selten nur war er zu Hause. Sein Weib bat ihn flehentlich, dem wilden und rohen Leben zu entsagen; aber er stieß sie zornig von sich. Darüber grämte sich die Verlassene so sehr, daß sie dahinsiechte und starb. Jetzt kannte er vollends keine Schranken mehr.

Es währte aber nicht lange, so fiel der Ritter im Kampfe. Er wurde in die Heimat zurückgebracht, wo ihn seine Knechte in der Nähe der Burg Rodenstein bestatteten. Nun folgte rasch die Strafe des Himmels. Der Verstorbene durfte nach seinem Tode keine Ruhe finden. Von Zeit zu Zeit mußte er sich aus dem Grab erheben, und im Land umherirren. In finsteren, stürmischen Nächten hört man, wie er mit seinem wilden Gefolge über Hecken und Gebüsch durch die Höfe und Scheunen des Odenwalds jagt. Dann vernimmt man das Rufen der Knechte, den Schall der Hörner, das Knallen der Peitschen und das Knarren der Wagen, das sich mit dem Wiehern der Rosse und dem Geheul der Hunde zu einem schauerlichen Lärm vermischt. Die erschreckten Leute sagen dann: 'Das wilde Heer zieht durch die Luft, es gibt Krieg.'"

(Bernhard, S. 74 f.)

Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz

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