Joseph
Victor
(1)
O Heidelberg, o Heidelberg, (6)
Und hast du studieret (7)
Die Mutter, sie weinte: (8)
Du trinkst viel, du rauchst viel, (9)
Ich bat sie, ich klagte, (10)
O Heidelberg, o Heidelberg, Erklärungen:
(4. Strophe:) Die Frankonen trugen braune Samtmütze mit Goldstreif (1)
Alt-Heidelberg, du feine, (2)
Stadt fröhlicher Gesellen, (3)
Und kommt aus lindem Süden (4)
Auch mir stehst du geschrieben (5)
Und stechen mich die Dornen, Der Herr vom Rodensteine (1)
Und wieder saß beim Weine (2)
Der Wirt sprach tief in Trauer: (3)
Wie soll das all noch enden? (4)
Der Fronvogt samt dem Büttel (5)
Heraus des Mantels Zierde, (6)
Da lacht der Rodensteiner: (7)
Und bis ihr mir die Kehlen Erklärungen: (1. Strophe:) Das Waldhorn war ein Restaurant in Heidelberg; (5. Strophe:) Zobel ist eine Marderart, die wertvolles Pelzwerk liefert; (6. Strophe:) Kamisol bezeichnet eine in historischer Zeit getragene Unterjacke (von provenzal. 'camisola', Verkleinerungsform von spätlat. 'camisa', was 'langes Unterhemd' bedeutet). Perkeo (1)
Das war der Zwerg Perkeo im Heidelberger Schloß, (3)
Und als das Faß das große, mit Wein bestellet war, (4)
"Fahr' wohl", sprach er, "o Welt, du Katzenjammertal, (5)
Um lederne Ideen rauft man manch heißen Kampf, (6)
Die Wahrheit liegt im Weine. Beim Weinschlurf sonder End' (7)
Perkeo stieg zum Keller; er kam nicht mehr herfür (8)
War's drunten auch stichdunkel, ihm strahlte innres Licht, (9)
Als er zum Faß gestiegen, stand's wohlgefüllt und schwer, (10)
Da sprach er fromm: "Nun preiset, ihr Leut' des Herren Macht, (11)
Wie es dem kleinen David gegen Goliath einst gelang, (12)
Nun singt ein De Profundis, daß das Gewölb erdröhnt, (13)
Perkeo ward begraben. - Um seine Kellergruft (14)
Und wer als frommer Pilger frühmorgens ihr genaht: Erklärungen: (7. Strophe:) Malvasier ist ein likörartig süßer und schwerer Weißwein (nach dem italienischen Namen Malvasia für die griechische Stadt Monemvasia); (12. Strophe:) "De Profundis", dt.: "Aus der Tiefe (rief ich zu Dir, oh Herr...)", sind die Anfangsworte des 129. Psalms, der im Begräbnisritus der katholischen Kirche eine Rolle spielt. |
Bilder aus Scheffels Heidelberger Studentenzeit
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Scheffel-Denkmal, das bis 1942 auf der Schloßterasse stand
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Der
aus Karlsruhe stammende Joseph Victor von Scheffel (1876 geadelt) ließ
sich während seiner Studienzeit in Heidelberg von der Stadt verzaubern
und zu diversen literarischen Werken inspirieren. Scheffel war von seinem
Vater - gegen seinen Willen - zum Jurastudium veranlasst worden, und
scheint sich daher dem fröhlichen Studentenleben teilweise intensiver
als seinem Studium gewidmet zu haben. Im "Schwanengesang"
(1848) beschreibt Scheffel seine leidenschaftliche Teilnahme am Heidelberger
Verbindlungsleben, sein Engagment in der Burschenschaft
Frankonia, der er als Gründungsmitglied angehörte, und
den Schmerz den er empfand, als er - auf Drängen der Eltern - seine
Studentenzeit zum Abschluß bringen mußte. Scheffel schloß
sein Studium 1849 mit Promotion ab. Der "Schwanengesang" endet
mit den Worten "Gute Nacht Studentenleben! Ich werd' jetzt - Kandidat!",
was Scheffels widerwillige Meldung zum Doktorandenexamen anzeigt. Auch Scheffels Perkeo-Gedicht ist Bestandteil der Gedichtsammlung Gaudeamus. Perkeo war ein für seinen großen Durst berühmter Hofnarr von Kurfürst Karl Philipp, der sich für die Wiederherstellung des Großen Fasses auf dem Heidelberger Schloß eingesetzt haben soll. Scheffels Gedicht geht in der Ausmalung der äußerst populären Legende um Perkeo und das Große Faß so weit, daß Perkeo es - gewissermaßen als Lebensleistung - allein ausgetrunken habe. Kurz
nach dem Tod Scheffels (1886) wurde ihm auf der Terasse des Schloßgartens
ein prächtiges Bronze-Denkmal gesetzt, das 1942 - zu Gunsten von
Hitlers Rüstungsvorhaben im Zweiten Weltkrieg - eingeschmolzen
wurde (siehe ganz oben rechts). 1976 wurde, anläßlich des
150. Geburtstags Scheffels, 20 Meter neben dem alten Standort des Denkmals
ein Gedenkstein errichtet (siehe unten rechts). |
Literatur Buselmeier, Michael. "Bloss nicht erwachsen werden", in: Heidelberg im Gedicht, hg. v. Helmuth Kiesel. Frankfurt a. M, 1996. S. 81-86. Fink, Oliver. "Memoires vom Glück" Wie der Erinnerungsort Alt-Heidelberg erfunden, gepflegt und bekämpft wurde. Heidelberg, 2002. (zu Scheffel: S. 58-65) Hartmann, Dagmar. Henkenhaf und Erbert. Architekten der Stadthalle Heidelberg. Heidelberg, 2004 (zum Trompeter von Säkkingen, dem Rodensteiner und Perkeo: 218 f.). Scheffel, Joseph Victor von. "Die Burschenschaft und ihre Stellung in der Gegenwart", aus dem Nachlaß herausgegeben und eingeleitet von Hansgeorg Schmidt-Bergmann, in: Allmende, eine allemannische Zeitschrift, Bd. 18, 1998. S. 45-52. Schröder, Klaus-Peter. "Revolution und Poesie. Joseph Victor von Scheffel an der Bergstraße 1848/49", in: Geschichtsblätter Kreis Bergstraße, Bd. 18, 1985. S. 5-18. Selbmann, R. Dichterberuf im bürgerlichen Zeitalter. Johann Victor von Scheffels Leben und Werk. Heidelberg, 1982. Wetzig, Sabine. "Die Denkmäler für Karl Gottfried Nadler und Joseph Victor von Scheffel", in: Heidelberger Denkmäler 1788-1981, hg. v. Dietrich Schubert (= Neue Hefte zur Stadtenwicklung und Stadtgeschichte 2). Heidelberg, 1982. S. 36-43. Zentner, Wilhelm. "Scheffel als Heidelberger Student", in: Kurpfälzer Jahrbuch, 1929. S. 142-155. |
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Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz Zurück zur Startseite --- Zurück zu "Heidelberg in der Dichtung"
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