Albrecht Graf Wickenburg
(1839-1911)

Hintergrundinformationen


Heidelberg du Jugendbronnen

Heidelberg, du Jugendbronnen,
Zauberin am Neckarstrand,
solchen Fleck, uns warm zu sonnen,
gab der Herrgott keinem Land!
Schläger schwirren, Gläser klingen,
alles atmet Frohnatur,
|: selbst im Laub die Vöglein singen:
Gaudeamus igitur! :|

Wohl die alte Burg voll Narben
trauert um vergangne Zeit,
doch sie tut's in lichten Farben
fröhlich-feuchter Traurigkeit.
Schaut sie aus vielen Büsten
wie mit sanfter Rührung hin,
|: denkt sie ihrer alten Fürsten,
die so groß und stark darin. :|

Schäumend tosten hier die Becher,
und Herrn Otto Heinrich galt's,
der berühmter noch als Zecher,
denn als Graf der schönen Pfalz.
Nur ein Burgzwerg traf's noch besser,
der ging recte gleich zum Spund,
|: und das größte aller Fässer
schlürft' er aus bis auf den Grund! :|

Seine Tat, so kühn gelungen,
lebt im Lied unsterblich fort,
und der Sänger, der's gesungen,
ragt in Erz gegossen dort.
Schar um Schar zum Scheffelhaine
wogt empor auf Waldespfad,
|: und "Altheidelberg, du Feine"
summt's dort oben früh und spat! :|

Frohe Stadt, zum Unterpfande,
daß dein Glück dich nicht verläßt,
grüßt uns hoch von Dachesrande
ein verwegnes Storchennest!
Ei, wie han's die lebensfrischen
Weiblein sich hier gut bestellt;
|: geht der Storch im Neckar fischen,
kommt was Lustiges zur Welt! :|

So gedeih bei Storch und Kater,
fröhliche Studentenschaft!
Brausend klingt dein Landesvater
stets bei Wein und Gerstensaft!
Prosit deinem Sangesmeister,
Prosit deinem großen Zwerg,
|: Scheffels und Perkeo's Geister
walten über Heidelberg! :|


Albrecht Graf Wickenburg



Hintergrundinformation

Albrecht Graf Wickenburg, ein österreichischer Lyriker, verfaßte 1898 den Text dieses Liedes. Wickenburg kam 1898 als Diplomat nach Heidelberg. In diesen Reimen hielt er seine Wahrnehmung der Stadt fest. Er sandte sie an das Heidelberger Tageblatt, um "mit diesem 'Lobgesang auf Heidelberg' den Heidelbergern durch die Tagespresse Dank abzustatten und die Stadt, die es auch ihm angetan, zu feiern". Das Gedicht erschien in der Ausgabe vom 3. Januar 1899 und fand sofort allgemeinen Beifall. Mit der Vertonung wurde Otto Lob beauftragt. Mit der Zeile "Schläger schwirren, Gläser klingen" geht das Lied zunächst auf das studentische Heidelberg und auf das Verbindungsleben ein. Mit "Gaudeamus igitur" (dt.: "Laßt uns fröhlich sein", 1781 von Christian Wilhelm Kindleben verfaßt) wird im folgenden das wohl traditionsträchtigtste Lied der deutschen Studentenbewegung zitiert. Der mit dem studentischen Heidelberg in Verbindung gebrachte Jugendkult erklärt den Titel "Heidelberg du Jugendbronnen". Die dritte Strophe nimmt, mit der Umschreibung "Burgzwerg", auf den symbolträchtigen Heidelberger Hofnarren Perkeo Bezug. In der vierten Strophe wird Joseph Victor von Scheffel und seine Hymne Alt-Heidelberg du feine angesprochen. Am Ende der sechsten Strophe wird abschließend noch einmal auf die Bedeutung Scheffels und Perkeos für Heidelberg hingewiesen.

Literatur

Donat, Friedrich-Wilhelm. "Heidelberger Studentenlieder", in: Weiland Bursch zu Heidelberg. Eine Festschrift der Heidelberger Korporationen zur 600-Jahr-Feier der Ruperto Carola, bearbeitet von Gerhart Berger und Detlev Aurand. Heidelberg, 1986. S. 306-328 (zu Graf Wickenburg siehe S. 317).

Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz

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