Wallonengemeinde Schönau

Im Jahre 1562 überließ Kurfürst Friedrich III. die Gebäude des 1560 aufgehobenen Klosters Schönau einer Anzahl wallonischer Flüchtlinge, die wegen ihres evangelischen Glaubens aus ihrer niederländischen Heimat vertrieben worden waren. (Die Spanier waren im Begriff die Niederlande zu besetzen und der dortigen Bevölkerung den katholischen Glauben aufzuzwingen.) Rechts sieht man das Wallonenhaus, das von der wallonischen Gemeinde errichtet wurde. Das Gebäude steht auf den Fundamenten der zugunsten des Neubaus abgebrochenen Klosterschmeide, deren Mauerreste zum Teil in das heutige Wallonenhaus integriert wurden. Allgemein läßt sich sagen, daß die Klostergebäude von der Wallonengemeinde nach und nach abgetragen worden sind. Von der Klosteranlage ist heute im wesentlichen nur noch das Refektorium erhalten, das von den Wallonen als Kirche genutzt wurde und bis heute als protestantisches Gotteshaus dient, sowie jenes Gebäude, das heute als Hühnerfautei bekannt ist.



Es dauerte einige Jahre, bis die französischsprachige Kolonie einen Prediger erhielt. Schließlich nahm sich der gebürtige Franzose Francois du Jon (Franziscus Junius, 1545-1602) ihrer an. Er war zweifellos der bedeutendste Pfarrer, den Schönau je hatte. Er studierte in Genf bei Calvin. Nach dem Tod seines Vaters, der in Frankreich als Hugenotte vom Pöbel erschlagen wurde, beschloß er, seinem Vaterland den Rücken zu kehren und folgte 1565 dem Ruf der wallonischen Gemeinde in Antwerpen. Hier entwickelte sich Francois du Jon zur Galleonsfigur des protestantischen Widerstands gegen die spanische Gewaltherrschaft. Von der Obrigkeit wurde er für vogelfrei erklärt und schwebte daher in ständiger Lebensgefahr. Erst 1567 verließ Francois du Jon die Niederlande und begab sich nach Heidelberg, wo Kurfürst Friedrich III. ihn huldvoll in Empfang nahm. Von Heidelberg aus besuchte Francois du Jon die wallonische Gemeinde in Schönau. Auf die Bitte der Gemeinde hin, erklärte er sich bereit, deren Pfarrer zu werden. Kurfürst Friedrich III. war der Schönauer Gemeinde sehr gewogen und erhob sie zur Stadt. 1573 wurde Francois du Jon von Kurfürst Friedrich III. nach Heidelberg zur Mitarbeit an einer Bibelübersetzung berufen. 1578 begann er an der vom Pfalzgrafen Johann Casimir ins Leben gerufenen Hochschule in Neustadt a. d. Haardt, dem Casimirianum, seine akademische Lehrtätigkeit. Später erhielt er einen Lehrstuhl an der Universität Heidelberg. 1592 wurde er an die Universität Leyden berufen, wo er 1602 an der Pest starb. Mit Clignet, einem weiteren protestantischen Geistlichen, der aus Antwerpen vertrieben worden war, erhielt Schönau einen zweiten Pfarrer. Clignet muß bereits parallel zu Francois du Jon in Schönau tätig gewesen sein. Als 1576 Friedrich III. starb und sein Sohn Ludwig VI. Kurfürst wurde, wurden alle reformierten Geistlichen entlassen und durch lutherische ersetzt. 1578 wurde auch Clignet vor die Wahl gestellt, entwender den lutherischen Glauben anzunehmen, oder das Land zu verlassen. Er entschied sich für letzteres und begab sich auf Wanderschaft, wobei ihm die überwiegende Mehrheit seiner Gemeinde folgte. Johann Casimir gewährte der Gruppe Zuflucht im Kloster Otterberg bei Kaiserslautern. Im Gegensatz zu Ludwig VI. behielt er den reformierten Glauben bei. Die von Clignet geführten Flüchtlinge waren ihm daher willkommen. Um sie beim Aufbau einer neuen Gemeinde im Kloster Otterberg zu unterstützen, schickte er ihnen Francois du Jon, der ihnen nun ein zweites Mal bei der Bewältigung einer schwierigen Situation zur Seite stand. Unter der Regierung Ludwigs VI. erhielten die in Schönau zurück gebliebenen Wallonen einen lutherischen Pfarrer, namens Rudger Spey, der wegen seiner Gelehrsamkeit bald nach Heidelberg berufen und mit einer wissenschaftlichen Arbeit beauftragt wurde. Als 1583 Kurfürst Ludwig VI. starb, sorgte Johann Casimir als Vormund des noch minderjährigen Nachfolgers, Friedrich IV., für die Wiedereinführung des Kalvinismus. Auf Grund der neuen religionspolitischen Lage wurde nach Rudger Spey mit Simon Courtois erneut ein reformierter Pfarrer französischer Zunge nach Schönau gerufen. Als im Dreißigjährigen Krieg der bayerische General Tilly die Kurpfalz angriff, fiel Schönau 1621 und wurde im folgenden immer wieder von durchziehenden katholischen Truppen geplündert. Der Kaiser hatte Pläne, Schönau an den Zisterzienserorden zurückzugeben und die Anlage wieder als Kloster nutzen zu lassen. Diese Pläne wurden schließlich jedoch durch den Westfälischen Frieden vereitelt. Unter katholischer Besatzung war der reformierte Pfarrer vertrieben worden und die meisten Familien waren aus Schönau geflohen. Nach Ende des Krieges, als sich Kurfürst Karl Ludwig des Wiederaufbaus der Kurpfalz annahm, kehrten sie nach und nach wieder zurück. Außerdem zogen nun auch verstärkt Deutsche hinzu. Mit Johannes Grenz erhielt Schönau einen deutschen Pfarrer.

Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz

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