VII. Kurfürst Karl Theodor Abstand |
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Mit der Verlegung
der kurpfälzischen Residenz nach
Mannheim hatte für diese Stadt eine glänzende Zeit begonnen,
die sich unter Karl Theodor (Kurfürst 1742-1789) - dem Nachfolger
Karl Philipps - fortsetzte. So wurde unter Karl Theodor das Mannheimer
Schloß fertiggestellt, das die Kurpfalz als bedeutsamen Fürstenstaat
repräsentieren sollte. Auch
die Mannheimer
Jesuitenkirche wurde unter Karl Theodor vollendet. Vor dem Hintergrund
der katholischen Tradition des Hauses Pfalz-Neuburg legte auch Karl Theodor
großen Wert darauf, dem
Jesuitenorden einen repräsentativen Sitz in seiner Hauptstadt zu
bieten. Ferner ließ er das Schwetzinger
Schloß zu einer repräsentativen Sommerresidenz ausbauen.
Mit der aufwendigen Neugestaltung des Schwetzinger Schloßparks wurde
Nicolas de Pigage
beauftragt. Er ist zugleich Architekt des prachtvollen Rokoko-Theaters,
das sich an den nördlichen Zirkelbau des Schlosses anschließt.
Auch außerhalb des Schlosses stattete Karl Theodor Schwetzingen
mit zahlreichen Prachtbauten aus. Insbesondere ist hier der Marstall
zu nennen. Ferner ließ Karl Theodor für seinen Beichtvater,
den Jesuitenpater Franz Josef Seedorf, ein stattliches Wohnhaus in Schwetzingen
errichten. (Es handelt sich um das heutige Palais
Hirsch). Realisiert wurden diese und andere Bauvorhaben Karl Theodors
von Francesco
Rabaliatti, dem berühmten Hofbaumeister des Kurfürsten,
der sich in einem notorischen Konkurrenzverhältnis zu Nicolas de
Pigage befand. |
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Als Freund der Musen ließ Karl Theodor sich gerne mit Apollo, dem griechisch-römischen Gott der Dichtkunst vergleichen. Zur Artikulation dieses Selbstverständnises ließ er im Schwetzinger Schloßgarten den Apollotempel errichten. Um auch seine Untertanen für die Kunst zu begeistern, finanzierte Karl Theodor in Mannheim die Zeichenakademie, die zunächst aus der Privatinitiative des Hofbildhauers Peter Anton Verschaffelt entstanden und 1769 durch Karl Theodor offiziell zur "Académie de peinture" erhoben worden war. Unter dem Protektorat des Kurfürsten wurde 1775 ferner die Deutsche Gesellschaft gegründet. Ihr Ziel war die Pflege der deutschen Sprache und die Verbreitung deutscher Literatur. Zu den Aufgaben der Deutschen Gesellschaft zählte auch die Verleihung von Preisen für gelungene Trauer-, Schau- und Lustspiele. Für die Aufführung der ausgezeichneten Theaterstücke wurde ein Theater benötigt. Vor diesem Hintergrund entschied sich Karl Theodor zur Errichtung des Nationaltheaters in Mannheim, das durch die Aufführung gezielt deutscher Stücke, die Intention der Deutschen Gesellschaft weiterverfolgte. Noch 1775 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Man versuchte Gotthold Ephraim Lessing als Intendant des Theaters zu verpflichten. Der kurfürstliche Hofkammerrat und Mannheimer Buchhändler Christian Friedrich Schwan reiste 1777 im Auftrag Karl Theodors nach Braunschweig, um Lessing für das Mannheimer Nationaltheater zu gewinnen. Lessing lehnte jedoch aus Verbundenheit mit Herzog Karl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel und aus Rücksicht auf seine schwangere Frau ab. Später kam Lessing aber dennoch nach Mannheim und wurde Mitglied der Deutschen Gesellschaft. Neben Lessing konnte die Deutsche Gesellschaft zahlreiche weitere prominente Mitglieder gewinnen - so vor allem Christoph Martin Wieland und Friedrich Schiller. Karl Theodor selbst stellte sich an die Spitze der Deutschen Gesellschaft und bekundete damit sein nachhaltiges Interesse an deren Arbeit. Durch die umsichtige Friedenspolitik Karl Theodors erlebte die Kurpfalz eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. Karl Theodors Herrschaft kam damit auch Heidelberg zu Gute. Obwohl Mannheim nun Residenzstadt war, zeigte Karl Theodor auch an Heidelberg Interesse. So wollte er das Heidelberger Schloss wieder völlig bewohnbar machen, um wenigstens gegegentlich dort residieren zu können. 1764 wurde das Schloß jedoch zweimal vom Blitz getroffen, wodurch vieles noch Erhaltene zerstört wurde. Karl Theodor gab daraufhin seine Pläne zur Schloßsanierung auf. Ansonsten wurde in der Stadt jedoch Bedeutendes geleistet: Jetzt erst, 1745, erhielt die Heidelberger Jesuitenkirche durch Rabaliatti ihre prachtvolle Fassade. 1750-1765 erichtete Rabaliatti ferner das Carolinum. Zum Dank für diese Wohltaten errichtete man dem Kurfürsten in Heidelberg mit dem Karlstor ein Ehrenmonument. Ferner wollte man dem Kurfürsten auch durch das Denkmal, das ihm auf der nach ihm benannten Karl-Theodor-Brücke gesetzt wurde, schmeicheln, und ihn durch derartige Schmeicheleien vielleicht sogar zur Rückkehr nach Heidelberg bewegen. Auch der
aus Norddeutschland stammende Schriftsteller Adolph Freiherr Knigge, der
vom Frühjahr 1783 bis Herbst 1786 in Heidelberg lebte und ein scharfzüngiger
Kritiker der Herrschaft Karl Theodors war, scheint Heidelberg als Hauptstadt
präferiert zu haben. Knigges Zuneigung zur Kurpfalz wird schon in
seinem berühmten, 1788 in Hannover erschienenen Hauptwerk Ueber
den Umgang mit Menschen deutlich, in dem er seiner "geliebten
Pfalz" literarisch gedachte. Knigge war mit den kurpfälzischen
Verhältnissen bestens vertraut und teilte die Kritik an der Herrschaft
Karl Theodors, die aus den Kreisen reformierter Aufklärer laut wurde.
Dies geht nicht nur aus seinen eigenen Schriften hervor, sondern auch
aus den Tagebuchnotizen seines Freundes Friedrich Münter, die die
Hoffnungen der pfälzischen Aufklärer ungefiltert widerspiegeln:
"Früh kam ich [in Heidelberg an] u[nd] ließ mich gleich
bey baron Knigge melden; ich ging hin u[nd] er nahm mich äußerst
freundschaftlich auf. ... Auch politisierten wir über die Verfassung
der Pfalz. Es wird ein Glück seyn, wen[n] Carl Theodor einmal stirbt,
u[nd] der Herzog v[on] Zweibrücken Kurfürst wird. Der ist zwar
streng, ... aber er ist doch ein eifriger Freund der Gerechtigkeit, u[nd]
die wird in der Pfalz öffentlich mit Füßen getreten".
Auch hinsichtlich der 'Hauptstadtfrage' ist die Position Knigges von Kritik
an Karl Theodor geprägt. So schreibt er in Der Roman meines Lebens:
"Mannheim ist völlig nach der Schnur gezogen, sieht aus wie
ein Waffelkuchen, ganz einförmig ... Diese unbevölkerte Stadt,
obgleich sie eine der schönsten in Europa seyn mag, gefällt
mir nun gar nicht. Ich mag wohl sehen, daß jeder sich seine Hütte
nach seinem eigenen Geschmacke baut. ... Ich mag Abwechslung sehen, kleine
und große Gassen mit einander vergleichen können, Gewühle
thätiger Menschen erblicken - Und das alles fehlt hier". Heidelberg
bezeichnet Knigge dagegen als die "wahre Residenz" der Kurpfalz.
So kommt er in Der Roman meines Lebens auch auf Heidelberg zu sprechen:
"O liebes, herrliches Heidelberg! Hier mögte ich leben und sterben
... Dann die Gegend; der Anblick vom hohen zertrümmerten Schlosse
hinunter; der eingestürzte Thurm; Unten die Stadt am Neckar; die
weite Gegend; die majestätischen Gebirge, Waldungen, Weinberge; der
Wolfsbrunnen! - O! man muß es gesehen, muß aber auch den Sinn
für so etwas haben". |
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ABSTAND Ebersold,
Günther. Rokoko, Reform und Revolution. Ein politisches Lebensbild
des Kurfürsten Karl Theodor. Frankfurt a. M., 1985.
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Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz |