Geschichte Ladenburgs
|
|
In
vorrömischer Zeit siedelten bereits die Kelten auf dem Stadtgebiet
des heutigen Ladenburg, wovon die archäologisch nachweisbaren Vierecksschanzen
zeugen, die für keltische Siedlungen typisch waren. Allein in Baden-Württemberg
sind mittlerweile über 120 solcher Vierecksschanzen bekannt. ABSTAND |
|
Die
Römer errichteten auf dem Gebiet des heutigen Ladenburgs zwei Militärlager,
deren erstes wohl mit den rechtsrheinischen Operationen des römischen
Legaten Gnaeus Pinarius Clemens in den Jahren 73/74 n. Chr. in Verbindung
zu bringen ist. Nach relativ kurzer Nutzungsdauer folgte - wohl noch in
vespasianischer Zeit - die Errichtung des im Bereich der heutigen St.
Galluskirche gelegenen Kastells. In unmittelbarer Folge entstand an
der Fernstraße in nächster Nähe der Mauern ein kleines Lagerdorf
(vicus), das als eine der Keimzellen der späteren Stadt angesehen werden
kann. Zweiter Ursprung der folgenden städtischen Siedlung ist eine
im Süden des heutigen Stadtbereichs gelegene germanische Siedlung,
in der sich aus dem Elbgebiet stammende Zuwanderer vom Stamm der Sweben
in der ersten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. niedergelassen hatten. Die
auch an anderen Orten am Oberrhein nachweisbaren Siedler dürften dem
römischen Heer als eine Art Miliz zur Sicherung des Gebiets im Vorfeld
der Reichsgrenze gedient haben. Schließlich war, mit der Erbauung
des Limes im Odenwald und am Neckar, die Präsenz der in Ladenburg stationierten
Truppen nicht mehr erforderlich. Frühestens zu diesem Zeitpunkt kann
das bis dahin als militärisches Territorium genutzte Gebiet in die
zivile Verwaltungsform umgewandelt worden sein. Auch ermöglichte erst
die teilweise Einplanierung des Kastellgeländes den - sich zeitlich
wohl unmittelbar anschließenden - Bau von Forum und Basilika (Vorgängerbau
der heutigen St. Galluskirche) als Zentren der neu errichteten Civitas.
Forum und Civitas bildeten gemeinsam einen riesigen Gebäudekomplex,
der fast den gesamten hinteren Teil des ehemaligen Kastells überlagerte.
Es handelte sich um den größten Römerbau im heutigen Süddeutschland.
Ladenburg war Hauptort eines römischen Verwaltungsbezirks. Der lateinische
Name Landenburgs lautet Lopodunum. ABSTAND |
|
Um 259/260 geriet
das römische Reich in eine Krise: Gallien erklärte sich unter
dem Usurpator Postumus für unabhängig und der Limes wurde von
dem germanischen Stamm der Alemannnen überrannt. Die römische
Reichsgrenze wurde an Rhein, Bodensee, Iller und Donau zurückgenommen,
so daß Ladenburg in alemannischen Besitz überging. Rom gab
den Anspruch auf das rechtsrheinische Limesgebiet jedoch nicht auf. In
den anderthalb Jahrhunderten zwischen 260 und 410 wechselten Einfälle
der Alemannen in die linksrheinische römische Provinz Obergermanien
mit Kriegszügen der Römer, hier besonders Kaiser Julian (355-363)
und Kaiser Valentinian I. (364-375), die damit die römische Herrschaft
über das rechte Rheinufer wiederherzustellen versuchten. Als im 5.
Jh. n. Chr. das Römische Reich durch die Goten endgültig zerstört
wurde, dehnten die Alemannen ihr Herrschaftsgebiet auf die Vogesen aus.
|
|
Von den fränkischen Bischofskirchen wurde nun die Christianisierung des alemannischen Siedlungsgebiets betrieben. Das Bistum Worms stand hierbei im Vordergrund. Die älteste Missionierung berief sich auf den heiligen Petrus. So entstanden im ehemaligen Siedlungsgebiet der Alemannen diverse Kirchen mit dem heiligen Petrus als Schutzpatron. Wohl im frühen 8. Jh. wurde, als erste Kirche an der Bergstraße, die Heppenheimer Peterskirche gegründet. Ferner ist die Heidelberger Peterskirche zu nennen, die noch vor der Stadt Heidelberg im Neckartal entstand. Bald wurde auch unter Berufung auf die spätrömischen Märtyrersoldaten Sebastian, Pankratius und Mauritius missioniert. Leimen und Käfertal haben Mauritius-, Mannheim und Ladenburg Sebastians- und Schwetzingen und Dossenheim Pankratiuskirchen. Auf diese Weise wurden weite Teile des Lobdengaus in die Diözese des Bistums Worms eingegliedert. Als Hauptort des Lobdengaus hatte Ladenburg daher große Bedeutung für die Wormser Bischöfe. Vor diesem Hintergrund entstand in Ladenburg der Wormser Bischofshof. Neben der bischöflichen Missionsinitiative waren auch die Wormser Kollegiatstifte (nichtbischöfliche Stifte) an der Mission beteiligt. So gehen die Martinskirchen in der Diözese wohl auf das Wormser Martinsstift zurück. Auch Ladenburg hat eine Martinstradition. Der Kult des merowingischen "Staatsheiligen" St. Martin war überaus beliebt und verbreitet. Des weiteren ging die Missionierung der Landbevölkerung auch von den Klöstern aus, die ohne Rücksicht auf den zuständigen Bischof, ja sogar im Konflikt mit ihm begründet wurden. Für die Region um Ladenburg ist hierbei vor allem Kloster Lorsch (lat. Originalname: Lauressa) zu nennen, das zum bedeutendsten Grundherrn im Lobdengau aufstieg. Im folgenden ergab sich eine Konfliktsituation zwischen dem älteren merowingischen Worms und der in karolingischem Kontext entstandenen Abtei Lorsch. Letztere wurde bereits 772 exemt und unterstand damit weder dem zuständigen Bischof, noch dem Gaugrafen. Während sich im ausgehenden 8. und im gesamten 9. Jh. die Wormser Bischöfe dem ungestümen Vordringen Lorschs im Lobdengau und im Odenwald gegenüber sahen, gelang es ihnen unter den Ottonen und Saliern, ein bedeutendes Herrschaftsgebiet vor allem im Odenwald aufzubauen. | |
ABSTAND Im 14. Jahrhundert war das wormsische Ladenburg von kurpfälzischen Städten umgeben und wirkte daher wie ein Fremdkörper im kurpfälzischen Herrschaftsbereich. Während einer Schwächeperiode des Wormser Bistums bemühte sich Ladenburg um eine Emanzipierung von Worms und unterstellte sich dem Grafen Walram von Spanheim. Dieser einigte sich schließlich mit dem Wormser Bischof und bekam von diesem die Hälfte der Stadt Ladenburg verpfändet. Kurfürst Ruprecht I. war mit Walram von Spanheim verfeindet. Er ging jedoch nicht selbst gegen ihn vor, sondern benutzte dessen Streitigkeiten mit einer Reihe von Rittern aus linksrheinischem Gebiet. Mit kurpfälzischer Unterstützung gelang es diesen 1370 in einem nächtlichen Angriff die Stadtmauern Ladenburgs zu übersteigen und die spanheimische Besatzung zu überrumpeln. Die Reichsritter verkauften im folgenden das in Fehde eingenommene Ladenburg an Kurfürst Ruprecht I. In Ladenburg wurde damit - wie zu Walrams Zeiten - ein Kondominat (Herrschaft mehrerer Staaten über dasselbe Gebiet, von lat. 'dominatus' =Herrschaft) errichtet, so daß Ladenburg kirchenrechtlich den Wormser Bischöfen unterworfen blieb, während die pfälzischen Kurfürsten die weltlichen Herren der Stadt waren. (Weitere Kondominatsorte waren Dirmstein und Lampertheim.) Bis zur Reformation war das Kondominat durch einvernehmliche Kooperation und enges Zusammenwirken zwischen den Wormser Bischöfen und den pfälzischen Kurfürsten geprägt. Ein vielsagendes Beispiel hierfür findet sich in der Person des Johann von Dalberg (1455-1503), der zugleich Bischof von Worms und kurpfälzischer Kanzler war. ABSTAND |
|
Kurfürst Friedrich der Siegreiche und Kurfürst Philipp der Aufrichtige förderten den Humanismus, so daß sich Heidelberg zu einem der bedeutendsten humanistischen Zentren Deutschlands entwickelte. Als Sitz des Wormser Bischofs spielte auch Ladenburg bei der Entwicklung des pfälzischen Humanismus eine bedeutende Rolle. Zunächst war Bischof Johann von Dalberg für den pfälzischen Humanismus von zentraler Bedeutung. Im Ladenburger Bischofshof hatte er seine prachtvolle humanistische Bibliothek aufstellen lassen, die von dem Sinsheimer Humanisten Johannes Vigilius-Wacker betreut wurde. Diese Bibliothek war umfangreicher als die der Universität Heidelberg und enthielt Schriften zahlreicher griechischer und lateinischer Autoren sowie auch hebräische Bücher, die z. B. Johannes Reuchlin (1455-1522), der Vater der Hebräisch-Studien in Deutschland, bei der Erarbeitung seines Werkes über die Kabala De Verbo mirifico (1494) benutzen durfte. Als einer der ersten Humanisten wurde Dalberg auf die Bedeutung der Bibliothek des Klosters Lorsch aufmerksam, aus der er Teile in seine eigene Bibliothek inkorporiert zu haben scheint. Als Humanist widmete sich Dalberg der Erforschung der römischen Vergangenheit und beschäftigte sich hierbei mit den römischen Überresten in Ladenburg. Ähnlich wie sein Schützling Konrad Celtis, mit dem er die "Sodalitas Litteraria Rhenana" gegründet hatte, versuchte Dalberg, in typisch humanistischer Manier, die Verwandtschaft des Deutschen mit dem Altgriechischen zu beweisen. | |
ABSTAND Im pfälzischen Späthumanismus erlangte ein Ladenburger Dichter namens Theodor Rhodius (ca. 1575-1625) Bedeutung. Seine Gedichte, die sich häufig am Vorbild der eleganten Verse des römischen Autors Catull orientieren, sind in der 1615 erschienenen Sammelausgabe Poemata Varia zusammengefaßt. Ferner verfaßte Rhodius formvollendete lateinische Dramen, die sich - da Rhodius Pfarrer war - meist mit biblischen Stoffen beschäftigen. ABSTAND |
|
Ferner nahm sich der Heidelberger Späthumanist Marquard Freher (1565-1614) des antiken Ladenburgs an. In einer 1618 posthum publizierten Schrift wieß er nach, daß es sich bei dem in der Mosella des spätantiken Dichters Magnus Decimus Ausonius genannten 'Lupodunum' nicht um Lupfen bei Trossingen handelt, wie der humanistische Geschichtsschreiber Beatus Rhenanus 1531 angenommen hatte, sondern, daß Ladenburg gemeint sein muß. Als erster identifizierte Freher damit Lopodunum mit Ladenburg und stellte so die Bedeutung Ladenburgs als ältester Stadt des Alemannengebiets heraus. Frehers Hauptwerk, Origines Palatinae, geht auf die Urgeschichte des gesamten kurpfälzischen Territorium ein. Bereits in diesem Werk hatte sich Freher 1599 für die Identifikation Ladenburgs mit dem antiken Lopodunum ausgesprochen. In der eigenständigen Abhandlung untermauert er diese These durch Heranziehung des gesamten bekannten Quellenmaterials. Freher ist damit der erste Geschichtsschreiber Ladenburgs. |
|
ABSTAND Die Harmonie zwischen dem Bistum Worms und der Kurpfalz endete, als die Kurpfalz 1556 unter Kurfürst Ottheinrich zum lutherischen Protestantismus übertrat. Der Kurfürst löste alle Pfarreien des pfälzischen Territroriums aus den Bindungen an die ehemaligen Diözesen und führte sie zur pfälzischen Landeskirche zusammen. Das Bistum Worms, dessen Diözese größtenteils auf kurpfälzischem Territorium lag, war hiervon am stärksten betroffen. Für die Ladenburger St.Galluskirche hatte man jedoch eine Kompromißlösung gefunden. So hatte man sich auf eine simultane Nutzung der Kirche geeinigt, wobei der Bischof nach wie vor allein über das Patronat der Kirche bestimmte. Als das pfälzische Kurhaus im folgenden unter Kurfürst Friedrich III. zum Kalvinismus übertrat, entstand offene Feindschaft zwischen den Kurfürsten und den Bischöfen. Friedrich III. wollte den Katholizismus auch aus Ladenburg vertreiben. So ließ er den Bischof im Bischofshof einschließen, befahl eine Räumung der St. Galluskirche und ließ die Einrichtungsgegenstände verbrennen. Die Kirche wurde im folgenden Sitz eines reformierten "Inspectors", durch den die Religionshoheit des Kurfürsten über Ladenburg manifestiert wurde. Im Dreißigjährigen
Krieg (1618-1648) wurde 1621 Ladenburg, als eine der ersten kurpfälzischen
Städte, von Tillys
Truppen eingenommen. Die Verwüstungen des Krieges und die Feindschaft
zwischen pfälzischen Kurfürsten und Wormser Bischöfen führte
zu einem temporären Niedergang Ladenburgs. Im
Pfälzischen
Erbfolgekrieg (1688-1697) entstanden
in Ladenburg vergleichsweise geringe Schäden: während Heidelberg
von den französischen Truppen komplett niedergebrannt worden war,
blieb die mittelalterliche Altstadt Ladenburgs z. T. erhalten. Vor allem
die St. Galluskirche blieb völlig unversehrt. Diese auffällige
Verschonung wurde einmal dadurch erklärt, daß man die Franzosen
darauf hingewiesen habe, daß der Merowingerkönig Dagobert Gründer
der Stadt Ladenburg gewesen sei. Eine plausiblere Erklärung lieferten
die auch in Ladenburg ansässigen Kapuziner,
die behaupteten, daß Kirche und Stadt auf ihre Verwendung hin verschont
worden seien. Daß die Kapuziner hier nicht ohne Einfluß waren,
zeigt auch das Schicksal der von Ladenburger Kapuzinern versorgten Seckenheimer
Kirche, die ebenfalls nicht niedergebrannt wurde. |
|
Nachdem, mit der Machtergreifung des Hauses Pfalz-Neuburg, die Kurpfalz katholisch geworden war, lag es nicht mehr im pfälzischen Interesse, das Kondominat zur Verdrängung des Katholizismus in den Kondominatsorten zu benutzen. Das Kondominat konnte daher 1705 aufgelöst werden. Die Auflösung wurde vollzogen, indem man die Kondominatsorte aufteilte. Ladenburg wurde der Pfalz und Dirmstein und Lampertheim wurden Worms zugeteilt. Der Ladenburger Bischofshof wurde im folgenden in einen kurpfälzischen Amtshof umgewandelt. Nach Überwindung des konfessionellen Konflikts zwischen dem Bistum Worms und der Kurpfalz, der die Entwicklung Ladenburgs gelähmt hatte, ergaben sich für Ladenburg nun wieder neue Wachstumschancen. Aber hatte Ladenburg seine Funktion als lokales Zentrum zuvor an Heidelberg verloren, so verlor es sie im folgenden an Mannheim, das von Kurfürst Karl Philipp zur pfälzischen Residenzstadt gekürt worden wurde und mit seinem spätbaraocken Glanz Ladenburg überstrahlte. Im Zusammenhang
mit der Rekatholisierung der Kurpfalz durch das Haus Pfalz-Neuburg, wurde
bereits um 1700 auf dem Ladenburger Marktplatz eine Mariensäule errichtet.
Diese wurde 1976 durch einen Brunnen untersetzt. Das Gesamtensemble wird
heute als Marienbrunnen bezeichnet. Ferner findet sich auch an dem ebenfalls
um 1700 entstandenen Alten Rathaus eine Marienskulptur. Sie ist in einer
Muschelnische an der Hausecke angebracht. Ähnliches läßt
sich auch bei vielen Häusern der Heidelberger Altstadt beobachten
(siehe Haus
Meder und Haus
Lörinck). |
|
Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz |